Berufsfeld: Entwicklungszusammenarbeit - klugeköpfe im Expertengespräch

In meiner Beratung stelle ich immer wieder fest, dass eine Tätigkeit in der  Entwicklungszusammenarbeit auf viele junge Menschen einen besonderen Reiz ausübt.  Gründe dafür sind, sich sozial engagieren zu wollen, etwas Sinnvolles zu tun, viel von der Welt zu sehen und meist auch eine gewisse Abenteuerlust. In der Tat ist die internationale Entwicklungszusammenarbeit (IZ) ein sehr spannender Arbeitsbereich, in dem man nicht nur sehr viel über die Welt, sondern auch über sich selbst lernen kann.

Aber wie sieht die Arbeit in der IZ tatsächlich aus und wie kommt man dahin?
Auf diese Fragen gibt es keine einfache Antworten. Der Weg in die IZ steht Absolventen unterschiedlichster Fachrichtungen offen – Ingenieuren, Medizinern, Geographen, Politik- und Verwaltungswissenschaftlern, Forstwirten, Sozialpädagogen, um nur einige Beispiele zu nennen. Entsprechend vielfältig sind die Einsatzmöglichkeiten.

Barbara Fröde-Thierfelder ist nach einem Studium der Geographie an den Unis Heidelberg, Fribourg und Bonn seit vielen Jahren in der IZ tätig. Im Gespräch mit ihr konnte ich erfahren, wie ein Bildungs- und Berufsweg aussehen kann – und darüber hinaus noch einige wertvolle Tipps für angehende Entwicklungshelfer mitnehmen.

Wie ist dein Wunsch, in die IZ zu gehen, überhaupt zustande gekommen?

Ich habe mit meinen Eltern vier Jahre in einem Dorf mitten im kamerunischen Urwald gelebt, wo mein Vater als Lehrer in der Pfarrerausbildung gearbeitet hat. Meine beiden Geschwister und ich waren die einzigen weißen Kinder und unsere Freunde natürlich schwarz. Ich habe die Zeit insgesamt in sehr guter Erinnerung. Jetzt als Erwachsene merke ich, wie tief ich mit der Region verbunden bin.

Du wusstest also schon als Kind, dass du später mal in die IZ gehen willst?

Nein. Wobei internationale Zusammenarbeit ein Bereich ist, der mich immer sehr interessiert hat. Für mich war klar, dass ich nah an wichtigen politischen Prozessen arbeiten will und unbedingt etwas mit Menschen zu tun haben möchte. Ich habe dann Geographie mit den Nebenfächern „Politikwissenschaften“ und „Öffentliches Recht“ studiert. Dabei hatte ich das Glück, dass es an der Uni Heidelberg ein Institut gab, das Südasieninstitut, an dem man sich auch schon im Grundstudium mit entwicklungspolitischen Fragen beschäftigen konnte und im Hauptstudium in Bonn auch viele Veranstaltungen in diesem Bereich angeboten wurden.

Gab es denn irgendwann einen Punkt, an dem du gesagt hast: Jetzt gehe ich in diese Richtung?

Das hat sich immer mehr so abgezeichnet. Ich habe mehrere Praktika absolviert, u.a. bei Brot für die Welt (www.brot-fuer-die-welt.de) und Fairtrade Labelling in Bonn (www.fairtrade.net), wo ich einen guten Einblick bekommen habe, wie Zusammenarbeit mit Ländern des globalen Südens funktionieren kann.

Wie kamst du zu deiner jetzigen Stelle?

Nach dem Studium gab es keine Möglichkeit, direkt in die IZ einzusteigen. Daher habe ich mich zunächst auf Regionalentwicklungsthemen in Deutschland und Europa konzentriert. Vor acht Jahren habe ich dann eine Stelle in einem Forschungsprojekt über Biodiversitätsschutz in Südafrika an der HU Berlin bekommen. Die Lehre fand ich klasse, aber sonst wurde mir dabei immer bewusster, dass ich das aktive Gestalten von Entwicklung der reinen Forschungsarbeit vorziehe. Dann hat mein jetziger Mann in der Zeit eine DED-Stelle in Simbabwe angetreten, wo ich dann nach kurzer Suche auch einen interessanten Job gefunden habe, nämlich als Beraterin für die Kommunikation und Networking im Landesbüro des Frauenförderfonds der Vereinten Nationen (heute: www.unwomen.org). Seit fünf Jahren sind wir wieder zurück in Deutschland. Seitdem arbeite als Senior Consultant bei ECO Consult (www.eco-consult.com), einer Beratungsfirma in der IZ. Einer von ECOs Schwerpunkten ist das Management natürlicher Ressourcen. Das passte mir ganz gut, weil ich gern in meine fachliche „grüne“ Heimat zurückwollte. Aus Simbabwe habe ich dazu das Gestalten „emanzipatorischer Kommunikation“ mitgebracht, was heißt, dass die einheimischen Mitarbeiter informiert und geschult werden, damit sie die Entwicklungsprobleme vor Ort selbst angehen können. Diese beiden Aspekte kommen in meinem jetzigen Arbeitsbereich zusammen: der Entwicklung und Durchführung von Fachtrainings, vor allem zu Klimathemen. Dabei arbeite ich im Ausland, aber auch in Deutschland, mit Fach- und Führungskräften.

Kannst du mir mal einen kurzen Überblick über den Arbeitsmarkt „Entwicklungszusammenarbeit“ geben?

Zunächst mal muss man zwischen dem Einsatz als Langzeitkraft im Partnerland und Beratungseinsätzen unterscheiden. Dann muss man sich die Frage stellen, ob man im Ausland oder vorwiegend in Deutschland arbeiten möchte. In der staatlichen oder in der nicht-staatlichen Entwicklungszusammenarbeit. Bei einer Durchführungsorganisation oder in der Consultingwirtschaft. Diese unterscheiden sich hinsichtlich der Arbeitsprozesse und Strukturen, der Gestaltungsspielräume und nicht zuletzt auch hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten. Z.B ist die UN als ein wichtiger Träger der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit ein sehr großer Apparat. Man hat als Mitarbeiterin damit ein gutes Standing, aber durch das politische Mandat begrenzte Gestaltungsmöglichkeiten. Nichtregierungsorganisationen müssen Geldmittel für Projekte selber akquirieren, dafür können Mitarbeiter in diesem Rahmen mehr gestalten.

Und wie finde ich heraus, was zu mir passt?

Ich würde sagen: Ausprobieren. Das gilt meiner Meinung nach für alle Jobs, in der IZ aber insbesondere für das Leben im Ausland. Kann ich mich wohlfühlen, wenn ich meine Muttersprache nicht sprechen kann? Benötige ich geordnete Verhältnisse? Man muss sich eben einlassen auf das Leben dort, das hat wunderbare inspirierende Seiten, ist aber halt auch anstrengend.
Wenn man sich mal einen Überblick verschaffen möchte, wie Jobs in der Entwicklungszusammenarbeit aussehen können, kann man sich den Stellenmarkt www.epojobs.de mal näher ansehen. Da bekommt man einen Eindruck, wie breit das Spektrum ist.

Gibt es bestimmte Studiengänge, die einen besonders gut vorbereiten?

Wenn es jetzt um nicht-technische Fächer geht, eignen sich meiner Meinung nach vor allem solche Studiengänge, die sich mit verschiedenen Denksystemen befassen, die einem also einen weiten Blick ermöglichen. Die „Geographie“ wäre da so ein Beispiel. Am wichtigsten ist aber, dass man eine Leidenschaft für das Fach hat. Sich Fremdsprachen anzueignen und frühzeitig Praxiserfahrungen zu sammeln ist natürlich auch wichtig. Um während des Studiums in die konkrete Arbeit vor Ort „reinzuschnuppern“, bietet sich z.B. das „ASA-Programm“ an (www.asa-programm.de). Nach dem Hochschulabschluss kann man sich durch das Seminar für Ländliche Entwicklung (www.berlinerseminar.de) oder das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (www.die-gdi.de) gezielt weiterbilden. Eine gute Möglichkeit, sich zum Ende und nach dem Studium zu vernetzen, ist das Job- und Kompetenzforum Spinnen-Netz (www.spinnen-netz.de).

Vielen Dank, Barbara!

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